Wir alle wollen stark sein. Oder wenigstens nach außen so erscheinen. Schwäche gibt niemand gerne zu, das ist unangenehm. Paulus zeigt uns einen anderen Weg auf.
Neulich sagte eine Podcasterin, die ich sehr gerne höre: „Das ist die erste Folge, die ich fast nicht produziert hätte, weil ich gerade total gestresst, überfordert und ausgelaugt bin. Aber dann dachte ich mir: So viele Menschen glauben, dass sie nach außen hin immer stark und perfekt erscheinen müssen. Ich wünsche mir, dass wir anders mit unserer Schwäche umgehen, dass wir uns offen davon erzählen: Heute bin ich schwach und morgen bist es vielleicht du. Deshalb mache ich heute diese Podcastfolge und teile das mit dir.“
Ich will mich meiner Schwachheit rühmen
Im zweiten Korintherbrief können wir lesen, wie Paulus zu einer ähnlichen Aussage kommt, die ihn wahrscheinlich einiges an Überwindung gekostet hat. Ich denke, Paulus wäre gern ein toller Apostel gewesen, der jederzeit glänzt, glaubt und die gute Botschaft verbreitet. Stattdessen merkt er, dass es auch diese schwache Seite an ihm gibt und die sieht er erst mal überhaupt nicht gern. Mich würde es wirklich interessieren, wie viele Stunden im Gebet und im Ringen mit Gott es gebraucht hat, bis er zu folgender Aussage kam: „Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt. Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2 Kor 12,9b-10)
Wie kommt man nur auf die Idee, dass man die Schwachheit, die man verspürt, die Angst, den Neid, die Selbstzweifel, die Wut und all diese Dinge für Christus erträgt? Die möchte ich doch eigentlich gar nicht haben. Davon soll Gott mich ja befreien, damit ich wieder ein guter und glücklicher Mensch sein kann. Ein ungewöhnlicher Gedanke, dass das Erleben solcher Gefühle also ein Dienst an Christus ist. Paulus sagt, dass diese Tiefpunkte Gott eine wunderbare Möglichkeit geben, seine Stärke in meiner Schwäche zu zeigen. Denn wenn ich schwach bin, dann kann ich mich nicht festhalten an meinen Erfolgen, dann kann ich mich nur festhalten an Gott. Wenn ich aber davon ausgehe, dass Gott dann meinen Schmerz in einem triumphierenden Akt umwandelt und mein Leben wieder glorreich macht, ist das allerdings ein Missverständnis. Glaubende haben nicht das größere Glück oder ein leichteres Leben, denke ich. Ich merke, dass Gottes Stärke sich meistens anders zeigt. Das in Worte zu fassen, fällt mir schwer. Ich schätze, dass es mit Gottes Liebe zusammenhängt. Gottes Stärke ist seine Liebe. Die kann eine Situation verwandeln, aber mitunter ganz anders als erwartet, auf den ersten Blick unspektakulär.
Probiere es aus!
Deine Challenge für diese Woche: Finde einen Moment, in dem du dich schwach fühlst und erzähle jemandem davon und zwar in einer Weise, dass man merkt: Es ist ok. Wer weiß, vielleicht traut sich diese Person ja beim nächsten Mal, auch dir etwas zu erzählen und gemeinsam erahnt ihr etwas Größeres oder Tieferes in dieser Schwachheit.
Eva-Maria Böhm