Einfach ein paar Klamotten, Bücher und den Laptop einpacken und ein neues Leben anfangen. Hast du da auch schonmal drüber nachgedacht? Bruder Raymund Witzel hat genau das gemacht. Mit 56 Jahren hat er seinen Koffer gepackt und ist ins Kloster gegangen. Heute sprechen wir mit ihm darüber, was ihn dazu bewegt hat.
Lieber Raymund, herzlich willkommen! Was würdest du sagen, was ist das wichtigste, das man über dich wissen muss?
Das wichtigste, was man über mich wissen muss? Ich war im Pfarrgemeinderat, ich bin Softwareentwickler, ich habe Internetseiten gebaut, z. B. für den Früchteteppich und für Sargenzell. Ich war Assoziierter, ich habe Glaubenskurse gemacht, ich habe im Klosterchor gesungen. Es kamen immer wieder Leute, die haben mich gefragt „Hast du mal Zeit für meinen PC?“. Ich habe ein Haus gehabt mit einem großen Garten. Ich war immer „Land unter“.
Früher habe ich oft überlegt: Warum bin ich eigentlich auf der Welt? Das war so eine Frage, die mich nicht losgelassen hat. Da bin ich manchmal irre geworden mit der Frage. Und auf einmal hatte ich eine Antwort. Ich bin genau der, der ich bin, wo ich bin, weil Gott genau das so gewollt hat. Das war für mich so eine ganz tiefe Erkenntnis, die mich in dieser Frage ein für alle Mal beruhigt hat.
Welches Gefühl oder welcher Moment, hat dich denn wirklich gepackt, um zu sagen: Jetzt probiere ich das aus?
Oblate zu werden? Oh, das kam viel später. Da saß ich im Gottesdienst in der Kapelle von den Oblaten und hatte auf einmal das Gefühl „Ich muss Oblate sein“. Einfach so, aus heiterem Himmel, so für fünf Minuten. Und dann war es wieder weg. Da habe ich mich gefragt, was das soll, aber ich habe das dann wieder vergessen.
Und dann hatte ich Diskussionen mit meinen Brüdern. Die sagten, das ist Quatsch, warum willst du da hingehen? Ich wollte ja auch nicht ins Kloster gehen, weil ich mir das einrede. Ich wollte ins Kloster gehen, weil ich dachte, ich habe dazu eine Berufung. Je länger ich darüber nachgedacht habe und mir das vorgestellt habe, desto ruhiger bin ich geworden. Und zum Schluss hab ich mir gesagt: Du musst ins Kloster gehen.
Damit bei Raymunds Ersten Gelübden, die er zusammen mit Marijo abgelegt hat, jeder dabei sein konnte, haben wir Feier gestreamt. Hier kannst du noch einen Blick reinwerfen:
Und was hat das dann ganz konkret für dich bedeutet, mit Mitte 50 ins Kloster zu gehen? Job kündigen?
Als ich ins Kloster kam, musste ich alles aufgeben. Ich habe alle Ehrenämter niedergelegt, ich habe meinen Job gekündigt und habe das Haus, die Verwaltung von meinem Besitz meinem Bruder übergeben. Ins Kloster durfte ich nur ein paar Kleider mitbringen und einen Laptop sollte ich mitbringen und vielleicht auch noch ein paar Bücher, das war alles.
Und was waren die größten Herausforderungen für dich?
Also als Vornovize und dann als Novize versucht der Novizenmeister dich zu erziehen. Das Noviziat und das Vornoviziat sind eigentlich für jüngere Leute gedacht. Ich war 56 Jahre alt, dann komme ich ins Kloster und dann wollen die Oblaten versuchen mich neu zu erziehen. Und das war schwer. Ich hatte dann auch nochmal ein Gespräch mit meinem Novizenmeister und von da an ging es dann.
Und du bist, du hast dich ja entschieden Bruder zu werden. Was bedeutet das für dich, warum ist genau das dein Weg?
Ein Pater, der muss ja nochmal studieren. Und ich habe schon zwei Studiengänge gemacht, ich bin Diplom-Bauingenieur und ich bin Diplom-Informatiker. Muss ich jetzt noch ein Diplom-Pater werden? Ich glaube so ist es der bessere Weg für mich. Ich glaube, dieser Gott hat mich dazu berufen, hierher zu kommen. Es ist mir aber auch wichtig, etwas mit der Gemeinde zu tun, Glaubensverkündigung und Gottesdienste vorbereiten – das habe ich ja vorher auch schon gemacht.
Danke dir für das Gespräch, Raymund!
Das Gespräch führte Sebastian Veits.
Nicht alle Brüder haben von diesem Schritt abgeraten!