„Jesus ist der Christus, der Messias, der Sohn Gottes“, diese Antworten haben wir alle mal gelernt. Aber: Was verbirgt sich dahinter für dich?
Umfragen sind keine Erfindung der heutigen Zeit. Scheinbar gab es sie schon zur Zeit Jesu. Er selber startet eines Tages eine kleine Umfrage unter seinen Jüngern: „Für wen halten mich die Leute?“ (Lk 9, 18) Auf diese Frage erhält er ganz verschiedenen Antworten: Die einen halten dich für Johannes den Täufer, andere für Elija und andere wiederum für einen der anderen Propheten (vgl. Lk 9, 19).
Sehen heisst nicht verstehen
Es scheint also unter den Leuten, denen Jesus begegnet ist, keine Einigkeit in dieser Frage zu geben. Ich frage mich immer wieder, warum das so ist. Diese Leute hatten doch uns gegenüber einen scheinbar sehr großen Vorteil: sie konnten Jesus von Angesicht zu Angesicht begegnen. Er hat unter ihnen gelebt, zog umher und hat gepredigt. Für die Leute damals muss es doch viel einfacher gewesen sein, als für uns, zu verstehen wer Jesus ist. Offensichtlich ist das aber nicht so. Jesus einmal zu begegnen oder etwas über ihn gehört zu haben reicht nicht aus, um zu verstehen, wer dieser Mann ist.
Jesus stellt dann noch eine weitere Frage an seine Jünger: „Für wen haltet ihr mich?“. Die Antwort kommt von Petrus: „Für den Christus Gottes“ (Lk 9, 20). Immerhin haben die Jünger ein bisschen mehr verstanden als die übrigen Leute.
Einstudierte Antworten
Und Du? Was würdest Du auf diese Frage antworten? Wahrscheinlich würden viele, ich auch, sofort antworten: „Er ist der Christus, er ist der Sohn Gottes“. Aber wenn jemand genauer nachfragen würde, müsste ich wahrscheinlich erst einmal gut überlegen. Was heißt das denn genau? Und was bedeutet das für mein Leben? Sage ich das einfach, weil es mir so beigebracht wurde oder bin ich wirklich voll und ganz davon überzeugt?
Jesus hat eine Antwort von seinen Jüngern erhalten, die ihn eigentlich zufrieden stellen müsste. Sie haben schließlich vollkommen richtig geantwortet. Jesus macht aber wieder einmal etwas sehr Merkwürdiges: Er befiehlt seinen Jüngern, es niemandem zu sagen (vgl. Lk 9, 21). Wenn wir den griechischen Originaltext des Evangeliums wörtlich übersetzen, heißt es sogar: „Indem er sie anfuhr, gebot er, dies keinem zu sagen“.
Hätte er nicht vielmehr sagen sollen: Schön, dass ihr das verstanden habt. Erzählt es bei jeder Gelegenheit weiter! Sagt es den Leuten, damit auch sie endlich verstehen, wer ich bin und was ich tue!
Weggemeinschaft, nicht Bewunderung
Warum macht Jesus genau das nicht? Ich persönlich glaube, der Grund liegt in der Tatsache, dass es Jesus nicht so sehr darum geht, dass die Jünger über ihn reden. Sie sollen ihm nachfolgen. Und das sagt er auch ein paar Sekunden später, knallhart: „Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Lk 9, 23).
Es wird viel über Jesus geredet. Er ist aber nicht auf der Suche nach Bewunderern. Er erwartet keine staunenden Mengen, die sagen, was für ein toller Mann er war. Oder besser gesagt: Jesus möchte, dass die Menschen über das Staunen hinausgehen. Jesus will Leute, die das in ihrem Leben konkret umsetzen, was sie von ihm, was sie vom Evangelium verstanden haben.
Es geht also nicht darum, dass wir eine perfekte Definition für Jesus finden. Es geht darum, dass wir uns immer wieder bewusst machen, dass wir ihm begegnet sind und mit ihm unterwegs sind. In unserem konkreten Leben, in unserem Alltag sollen wir das umsetzen, was wir von Jesus verstanden haben. Verkündigung der Frohen Botschaft heißt nicht, dass wir Informationen – irgendwelche nackten Fakten – über Jesus verbreiten. Verkündigung bedeutet, dass wir erzählen, wo wir Jesus in unserem Leben begegnet sind und dass wir zeigen, dass uns diese Begegnung verändert hat.
Also: Wer ist Jesus für Dich? Wo und wann bist Du Jesus begegnet? Was würdest Du anderen über Jesus erzählen?
Text und Ton: P. Patrick Vey OMI