Gottes Wort im Alltag begegnen: Das erscheint gerade in stressigen Phasen sehr schwer. Dabei ist Gott schon da, mitten in deinem Leben. Dein Leben ist Wort Gottes.
Wusstet ihr, dass wir am Wochenende den Sonntag des Wortes Gottes feiern? Das Fest ist noch ganz neu. Es wurde vorletztes Jahr vom Papst festgelegt und dann zum ersten Mal gefeiert. Natürlich ist die Heilige Schrift an jedem Sonntag von großer Bedeutung. Gerade deshalb hilft es, sich das einmal im Jahr ganz bewusst zu machen. Der Papst sagt, wir sollen das Wort Gottes feiern, uns intensiv damit beschäftigen und davon erzählen.
Gott, so groß und so klein
Schön und gut. Und was hat das nun ganz konkret mit mir und meinem Alltag zu tun? Wo kommt das Wort Gottes in meinem Leben vor? Vielleicht ist es ein erster Schritt, sich diese Fragen ganz bewusst zu stellen. Ein Blick auf all die Möglichkeiten, dem Wort Gottes Aufmerksamkeit zu schenken, würde sich sicherlich lohnen. Ich, zum Beispiel, höre gerne Psalmen in moderner Vertonung, male Bibelverse mit Kreidefarbe an meine Fenster oder lese ab und zu das Evangelium des kommenden Sonntags. Darüber hinaus gibt es so viel, was ich gerne mehr oder intensiver oder überhaupt tun würde.
Heute möchte ich dich allerdings einladen aus einer anderen Perspektive an die Frage heranzugehen. Vor kurzem kam mir in einem Gespräch über mein Glaubensleben der Gedanke: „Gott wird es doch wohl irgendwie schaffen, mir in meinem Alltag zu begegnen, auch wenn ich in manchen Phasen keine Zeit habe, jeden Tag lange zu beten oder in der Bibel zu lesen. So groß ist Gott. Das glaube ich.“ „Und so klein,“ erwiderte mein Gesprächspartner. Ja, so groß ist Gott und so klein!
Gott ist schon da
Daraus ergibt sich eine Perspektive, die Gottes Wort nicht als etwas Zusätzliches sieht, das es gilt ins Leben zu integrieren. Es geht vielmehr um die Suche nach dem, wie Gott sich in meinem Leben ausspricht. Das klingt vielleicht kompliziert, ist mir aber viel näher und natürlicher. Ganz konkret könnte die Suche so aussehen: Schau auf den vergangenen Tag oder die vergangene Woche. Was war? Wie hast du dich gefühlt? Wie haben sich Dinge entwickelt und warum? Erkennst du im Rückblick, das Gott dir durch diesen Tag oder diese Woche etwas gesagt hat? Vielleicht fällt dir sogar ein Bibelvers dazu ein oder du hast Lust danach zu suchen.
Zwei Beispiele: Seit längerer Zeit schon fühlst du dich total ausgelaugt. Du kommst einfach auf keinen grünen Zweig. Du kannst Gott im Gebet nur deine Müdigkeit bringen. Doch in dieser Woche konntest du herzlich beim Hören eines Hörbuches lachen, wurdest lecker von einer Freundin bekocht und hattest Zeit für einen langen Spaziergang. Du spürst, wie deine Lebendigkeit ein bisschen zurückkehrt. Gott hat in deinem Leben neu gesagt: „Die auf Gott vertrauen schöpfen neue Kraft.“ (Jes 40,31)
Ein anderes Beispiel: Du hast gerade einen Umbruch in deinem Leben hinter dir. Alles ist neu und irgendwie weißt du gar nicht mehr, wann du in der neuen Situation Zeit für Gott finden sollst oder wie du überhaupt beten kannst. Du findest den Zugang nicht mehr, aber du würdest gerne beten. Du suchst nach Tipps, redest darüber mit einer Vertrauensperson, schaust nach neuen Wegen. Du machst die Erfahrung des Psalmbeters damals: „Gott, du mein Gott, dich suche ich. Meine Seele dürstet nach dir.“ (Ps 63,2)
„Suche mich in deinem Alltag!“
Manchmal kann man im Rückblick über einen längeren Zeitraum entdecken, dass ein Bibelvers oder ein anderes Wort wie eine Überschrift über dem eigenen Leben steht. Die Heilige Schrift, das sind nicht nur die Erfahrungen von Menschen, die lange vor uns gelebt haben. Sie ist eine Mut-Macherin, dass Gott so heute auch an uns handelt.
Wenn ich mein Leben aus dieser Perspektive betrachte, scheint auf jeden Tag des Jahres ein bisschen Licht vom Weihnachtsfest:
Gottes Wort wird ein Mensch, ein Baby. Für Babys zählt das Alltägliche: Nähe, Milch, in den Schlaf begleitet werden, ein Lächeln und ab und zu eine trockene Windel. Mir sagt das kindgewordene Wort Gottes: „Suche mich in deinem Alltag.“ Und noch mehr: Es ist möglich, dass Gott heute, hier, durch dein Leben sein Wort sprechen kann. Mein Leben ist Wort Gottes. Ehrlich gesagt bin ich selbst noch dabei, dieses Wunder zu begreifen, denn eigentlich verändert das alles. Gottes Wort ist mir dann nicht mehr fern, sondern unfassbar nah.
Ja, so groß ist Gott und so klein, dass er sich in meinem Leben ausdrücken kann.
Eva-Maria Böhm