Wie kommt es eigentlich zu einer Heilig- oder einer Seligsprechung? P. Dr. Thomas Klosterkamp OMI beantwortet diese Frage – aus eigener Erfahrung. Er hat sich in den letzten 6 Jahren genau darum gekümmert.
Hallo und willkommen. In den letzten Wochen haben wir euch donnerstags zwei selige Oblaten vorgestellt: Joseph Cebula und Joseph Gerard. Heute werfen wir noch einen anderen Blick auf selige und heilige Oblaten – nämlich mit Pater Thomas Klosterkamp. Er hat ein besonderes Verhältnis zu dem Thema durch einen Job, den er lange in Rom hatte. Thomas, am besten erklärst du kurz selbst, was du da gemacht hast:
Die letzten 6 Jahre habe ich in Rom als Postulator gearbeitet. Der Postulator fordert beim Heiligen Stuhl für die Gläubigen, wie ein Anwalt, eine Selig- oder Heiligsprechung ein. Dazu muss sich der Postulator zunächst versichern, ob die verstorbene Person wirklich eine Heilige oder ein Heiliger war. Dazu tun sich in der Tradition der Kirche zwei Wege auf. 1) Hat die Person einzigartig und vorbildlich aus dem Glauben gelebt? Oder 2) Ist die Person als Märtyrer wirklich aus Überzeugung für den Glauben gestorben? Das anzuwendende kirchliche Prüfverfahren ist über 1.000 Jahre alt und zieht sich in der Regel dann über viele Jahre hin.
Hast du Beispiele für uns? Mit welchen Personen hast du dich beschäftigt? Sind welche davon selig- oder heiliggesprochen worden?
Ich habe insgesamt an über 25 Verfahren gearbeitet, mit bis zu 60 Biographien. Ich konnte unter anderem die Seligsprechung der „Märtyrer von Laos“ zum Abschluss bringen. Unter den 17 Märtyrern von Laos waren 6 Oblaten, die zwischen 1960 und 1969 im kommunistischen Laos für die Überzeugung ihres Glaubens gestorben sind. Der Prozess hatte 1994 begonnen und kam 2016 mit der Seligsprechung zu einem vorzeitigen Abschluss. Die Seligsprechung erlaubt die kirchliche Verehrung für die Ortskirche von Laos und die Gemeinschaft der Oblaten. Der Kreis der Gläubigen, der die Märtyrer von Laos verehrt ist also noch klein. Die ausstehende Heiligsprechung, die nach einem von Gott gewirkten Wunder auf die Fürsprache der Märtyrer von Laos erfolgen könnte, steht also noch aus. Mit der Heiligsprechung wäre eine weltkirchliche Verehrung garantiert.
Welche Kriterien gibt es dafür? Worauf musstest du achten?
Das kirchliche Prüfverfahren ist sehr aufwendig und sehr komplex: Zeugen werden gehört, das geschichtliche Umfeld wird geprüft, die vom Kandidaten oder der Kandidatin hinterlassene Schriften werden evaluiert, etwaige kritische Punkte müssen ins rechte Licht gerückt werden, usw. – Jeder Stein, der sich dem Postulator den Weg legt, wird also umgedreht.
War das für dich immer klar und einfach zu sagen: „Der ja, der nein!“ Sicherlich setzten viele Orden und Gemeinschaften auch Hoffnung in deine Recherchen.
Es sind ja die Gläubigen, die in ihrer Erinnerung ihre persönlichen Vorbilder, Kandidaten und Kandidatinnen für eine Heiligsprechung vorschlagen. In der Regel haben die schon einen guten Sinn für die Personen, die sie wählen.
Im Fokus muss allerdings das ganze Leben der jeweiligen Person stehen. Hier ist Vorsicht geboten. Hin und wieder sind die Gläubigen z.B. von einer besonderen Fähigkeit beeindruckt, sehen aber nicht den ganzen Menschen. – Also, wenn ein „vorbildlicher Katholik“ als guter Lehrer oder hingebungsvoller Arzt galt, im Privatleben, von der Öffentlichkeit unbemerkt, aber seiner Familie terrorisiert hat, taugt er nicht für einen Heiligen. Der Blick auf das ganze Leben muss stimmig sein. Diesen Blick muss der Postulator in der Präsentation eines zukünftigen Heiligen freilegen.
Wo und wie kann man eigentlich Personen vorschlagen?
Theoretisch kann jeder gläubige Katholik eine verstorbene katholische Person zur Heiligsprechung vorschlagen. Praktisch sind es aber in der Regel die Initiativen einer Diözese, einer Bischofskonferenz, eines Ordens oder einer kirchlichen Gruppierung.
Kann ich auch dich vorschlagen?
Mich kann man nicht vorschlagen, weil ich ja noch lebe. Ist doch eine diplomatische Antwort, oder?
Das Interview führte Christina Wilkes
lieber Thomas, herzlichen Dank für diese informative Sendung! Ich habe allerdings ein paar Sätze zu den Kosten eines solchen Verfahrens vermisst… Denn da herrschen wilde Ideen, auch unter den Oblaten!
Ist da was möglich?
LG allerseits!
Wolfgang
Lieber Wolfgang,
wir haben uns nochmal mit P. Thomas Klosterkamp in Verbindung gesetzt und folgende Informationen erhalten:
Von Seiten des Vatikans gibt es festgesetzte Tarife, mit denen die vatikanischen Verwaltungskosten gedeckt werden. Die Strukturen des Kirchenstaates kennen ja keine Kirchensteuern etc.
Dies sind z. B. 17.000 € für das Verfahren, das zur Anerkennung der Verehrungswürdigkeit führt und sogar 18.000 € für das Verfahren zur Anerkennung eines Wunders.
Natürlich sind dies große Summen – Damit kauft man aber nicht das Ergebnis, sondern finanziert das Verfahren, also beispielsweise die Anfertigung der Biographie und diverser Unterlagen, die Gutachten von Experten und Ärzten, Übersetzungen usw.
Insofern kann man sagen, dass das Verfahren für eine Seligsprechung mindestens 35.000 € kostet.
Das da noch ganz andere Summen herumschwirren, die so ein Verfahren kostet, überrascht nicht: Natürlich ist jede Gemeinschaft oder Diözese selbst dafür verantwortlich, ob sie die Verfahren eher in der „Economy-Class“ betreibt oder in der „Premium – Version“ – also mit einem Generalpostulator oder einem ganzen Sekretariat. Ebenso können erhebliche Nebenkosten für die Feier einer Seligsprechung oder Heiligsprechung auftreten – aber dies sind dann die Kosten, für die die Gemeinschaft oder die Diözese selbst verantwortlich sind. Die können natürlich mit Leichtigkeit die 35.000 € übersteigen.
Insofern: Die vatikanischen Verwaltungskosten sind tariflich klar geregelt. Aber alles drum rum, da sind die jeweiligen Organisationen, die die Verfahren beim Vatikan betreiben, selbst verantwortlich.
Ich hoffe, dies beantwortet die Frage.
Herzliche Grüße,
Sebastian