Ein wirksames Mittel gegen Schwermut

Es gibt Zeiten und Situationen, da hängt eine dunkle Wolke über dem Leben. Manchmal zieht die Wolke von allein ab. Manchmal nicht. Dann braucht es ein wirksames Mittel gegen Schwermut.

Es gibt unangenehme, von außen vorgegebene Situationen, die wir nicht ohne weiteres verändern können. Ein Beispiel:  ein trüber Herbsttag, es ist nass, dunkel, dazu eine umständlich nervende Zugfahrt, mit Schienenersatzverkehr.  In dem bereitgestellten Bus finden sich die Fahrgäste ein. Die Scheiben sind beschlagen, die Luft atmet mit jedem neuen Mitfahrenden mehr Feuchtigkeit. Am Ende steigen vier Jugendliche ein, offensichtlich betrunken. Jeder für sich eingelullt in seine Musik, einer johlt einen Refrain, dutzende Male. Der Bus gleitet durch die Nacht, drinnen Schweigen und beständige Misstöne der Jugendlichen. Diese Situation löst sich mit dem Ende der Busfahrt auf.

Andere unangenehme Situationen sind hartnäckiger und langwieriger. Mir scheint, dass Corona und die Krise der Kirche dazu gehören. Beide liegen wie Smog in der Luft und das Leben darunter wird empfindlich gestört. Im Bus konnte ich mich abwenden, wegducken. Hier kann ich es nicht. Damit dieser Smog nicht meine Gemütskräfte beeinträchtigt, braucht es etwas Wirksames. Und damit sind wir bei unserem Evangelium.

Wenn Frieden erfüllt

Jesus fragt: Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders? Als 21 jähriger friedensbewegter Katholik hörte ich dieses Wort auf einem Glaubenskurs. Zunächst verscheuchte ich es, wie eine lästige Fliege. Meine heftige Abwehr mündete in der Erkenntnis, dass wohl Gott mir dieses Wort zuspricht. Unerhört! Das kannte ich nicht. Und so tat es sein Werk an mir, durchforstete meine Lebensräume und eroberte schließlich mein Herz. Das war ganz und gar nicht glorreich. Deutlich sah ich, dass ich auf dem besten Weg war ein drittklassiger Linksintellektueller zu werden, der das konkrete Leben verpasst. In der letzten Nacht des Glaubemskurses durfte ich beichten, ein lang ersehnter Friede erfüllte darauf mein Herz. – Wohlgemerkt, als Friedensaktivist strapazierte ich meine Umwelt in beinahe jedem dritten Satz mit diesem kostbaren Wort. Hier hatte ich ihn gefunden, den Frieden. Nun, die Frage an dich: Wo ist deine Geschichte mit Gott zu einer prägenden Erfahrung geworden? Wann hat er deine Herzregion rettend oder heilend berührt? Denn nur darin liegt die Kraft des Evangeliums. Wenn eine solche Erfahrung in der Schatztruhe deines Herzens lebendig ist, erschließen sich dir auch in schwierigen Zeiten Quellen der Freude und der Hoffnung.

Eine Orientierung, die leitet

Doch diese Erinnerung ist Vergangenheit. Ich brauche auch für die Gegenwart  Licht und Orientierung aus Gottes Wort. Vieles Gehörte – auch wichtige und gute Dinge – verlieren sich, schlagen keine Wurzeln, leider. Seit Anfang des Jahres begleitet mich eine Aussage über das Wirken Jesu in Galiläa. Sie steht als Mahnung und Erinnerung auf einer roten Karte: Gott hat Jesus von Nazareth gesalbt, mit dem Heiligen Geist und mit Kraft. Dieser zog umher, tat Gutes und heilte alle, die in der Gewalt des Teufels waren. Mit diesem Jesus will ich in meinem Alltag unterwegs sein. Er gibt mir Orientierung, der Zimmermann aus Galiläa. Von Ihm geht für mich eine beharrlich werbende Kraft aus. Das macht unsere Gottesdienste nicht ansprechender, die Mitmenschen nicht netter, hebt die erwähnten Miseren und unsere Gottvergessenheit nicht auf und doch: mit meinem geistigen Auge erkenne ich: der Herr ist unterwegs, auch in dieser teils nach Wüste schmeckenden Kirche. Und ich will bei ihm sein.

Man of Galiläa,
Son of God and Son of Man,
proclaimed by the Fathers voice,
annointed by the spirit,
sent to the poor:

reach out with your healing touch.


Man of Galiläa,
Son of God and Son of Man,
proclaimed by the Fathers voice,
annointed by the spirit,
sent to the poor:

reach out with your challenging word.

Br. Burkhard Rottmann OMI

1 Kommentar zu „Ein wirksames Mittel gegen Schwermut“

  1. Konrad Schneider

    Hi Burkhard, ganz zufällig bin auf deine Betrachtung gestoßen. Schön, dass du dir selber treu geblieben bist! Konrad Hamera

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